Familienalbum


 

Altlichtenwarth

ErzdiözeseWien Weinviertel, Niederösterreich

Wohnadressen: Altlichtenwarth 5.
Aus Altlichtenwarth stammt die Familie Marchart. 

altlichtenwarth

GESCHICHTE
Am 7. Juni 1232 wurde in Wien das Dokument ausgestellt, in dem Altlichtenwarth zum ersten Mal urkundlich erwähnt wird. Inhaltlich geht es um eine Rechtssache, die der Babenbergerherzog Friedrich der Streitbare unterfertigt. Unter den genannten Zeugen findet sich der Pfarrer des Ortes Marchwardus de Liehtenwart. In seine Amtszeit fällt der große Umbau der Kirche in den Jahren 1230/1240. Die Anfänge der Pfarre gehen aber viel weiter zurück.

Als der spätere Kaiser Otto der Große 955 in der Schlacht auf dem Lechfeld über die Ungarn siegte, hörten auch bald die ungarischen Einfälle in das Gebiet des heutigen Niederösterreich auf. Hier wurde ab 976 die sogenannte Babenbergische Mark eingerichtet, die die Keimzelle des heutigen Österreich werden sollte.

Parallel zum Ausbau dieser Mark erfolgte auch die erste kirchliche Organisation dieses Gebiets durch die Bischöfe von Passau.

Das Bistum Passau war schon im 9. Jahrhundert zum Missionsbistum für das Gebiet nördlich der Donau geworden.

Mit dem Wachsen der Mark dehnte auch das Bistum Passau seinen Wirkungsbereich aus und erreichte mit der Thaya, der March und der Leitha im 11. Jahrhundert seine endgültigen, bis ins 18. Jahrhundert in dieser Form bestehenden Grenzen.

Erst seit 1785 gehört das Viertel unter dem Manhartsberg, und damit auch die Pfarre Altlichtenwarth, zur Erzdiözese Wien.

Das 11. Jahrhundert war in kirchlicher Hinsicht durch die Errichtung von Großpfarren gekennzeichnet.

Im 12. Jahrhundert wurden im Zuge des fortschreitenden Landesausbaus in der Regel Kleinpfarren, die sich meist auf den Pfarrort und seine nächste Umgebung beschränkten, gegründet.

Die Initiative zu diesen Pfarrgründungen ging meist von den Grundherren aus. Altlichtenwarth und seine Umgebung sind Urbesitz der Liechtensteiner seit dem 12. Jahrhundert.

Auf dieses Geschlecht dürfte auch die Gründung der Pfarre im 12. Jahrhundert zurückgehen.

Altlichtenwarth wurde von keiner anderen älteren Pfarre abgetrennt. Die Pfarrer von Altlichtenwarth hatten bis 1848 den sogenannten Drittelzehent

(den dritten Teil der Zehentabgaben) in Altlichtenwarth und Hausbrunn. Wäre der Ort von einer älteren Pfarre abgetrennt worden, dann wären die Zehentrechte bei dieser verblieben.

Die sogenannten Kollationsgebühren (Abgaben an die bischöfliche Kanzlei bei jeder Pfarrbesetzung) waren für Altlichtenwarth deutlich höher als für die Pfarren der Umgebung. Aus diesem Umstand ist zu schließen, daß die Gründung der Pfarre noch in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts zu datieren ist. Bis 1784 umfaßte die Pfarre den Ort Altlichtenwarth und die Filiale Hausbrunn. Im Zuge der josephinischen Pfarregulierung wurde Hausbrunn zu einer eigenen Pfarre erhoben.

Aus der Geschichte des Ortes im Mittelalter ist wenig bekannt. Das Liechtensteinische Urbar von 1414 verzeichnet erstmals die Einwohner des Ortes mit ihren Rechten und Besitzungen. Unter den Winzern wird ein Herr Marichart von Schönstraß genannt.

Den Familiennamen Marchart, der in der Mundart Marichart  ausgesprochen wird, gibt es bemerkenswerterweise nach fast 600 Jahren immer noch im Dorf.

Schönstraß, Rothenlehm und Entzesbrunn sind im 15. Jahrhundert abgekommene Dörfer im heutigen Gemeindegebiet, deren Einwohner im Urbar ebenfalls verzeichnet sind.
Im 15. Jahrhundert dürfte Altlichtenwarth von den Hussitenkriegen betroffen gewesen sein. Die 1464 für die Pfarrkirche gegossene Glocke trug die Aufschrift "König der Herrlichkeit, komm mit Deinem Frieden", was durchaus als Hilferuf in Kriegszeit zu verstehen ist.

Das 16. Jahrhundert bedeutete für fast alle Pfarren Niederösterreichs einen Niedergang.

Ursachen dafür sind unter anderem die Türkeneinfälle der Jahre 1529 und 1532.

Pfarrer Eckhart klagt im Jahr 1562, daß Altlichtenwarth und Hausbrunn vor Jahren abgebrannt und verschiedene Äcker öd seien.

Noch 1601 wird der Pfarrhof als baufällig beschrieben.

Eine weitere Ursache für den pfarrlichen Niedergang war die Reformation.

Um die Mitte des 16. Jahrhunderts fand die reformatorische Bewegung Eingang in Altlichtenwarth, zumal auch die Patronatsherren, die Herren von Liechtenstein, zunächst - wie der Großteil des niederösterreichischen Adels - Anhänger und Förderer des neuen Glaubens waren.

1599 kehrte Karl I. von Liechtenstein wieder zur katholischen Kirche zurück. In der Folge förderten die Liechtensteiner ganz massiv die Gegenreformation und die katholische Erneuerung.

 

1610 wurden die Altlichtenwarther aufgefordert, die "ketzerischen Bücher" bei Strafandrohung abzuliefern.

Noch 1657 wird die Befürchtung ausgesprochen, daß die Leute "in den alten Irrtum fallen und den ungarischen Prädikanten aufsuchen". Doch letztendlich war die Gegenreformation erfolgreich.

Im 18. Jahrhundert ist von "ketzerischen Büchern" und "alten Irrtümern" keine Rede mehr.

 

Gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) war auch das Weinviertel von Kampfhandlungen betroffen.

Im März 1645 drang die Schwedische Armee unter Führung von General Torstenson im Weinviertel ein.

In der Folge kam es zu ausgedehnten Kampfhandlungen zwischen Schweden und Kaiserlichen.

Die Zivilbevölkerung hatte nicht nur an den Kampfhandlungen, sondern auch an den massiven Plünderungen von beiden Seiten, Schweden und Kaiserlichen, zu leiden. Dazu kam noch die im Winter 1645/ 46 grassierende Pest.

Erst im Sommer 1646 gelang es unter der Führung von Johann Christoph von Puchheim, die Schweden aus dem Land zu drängen.

Die Bilanz am Ende des Krieges war katastrophal.

Ein Drittel des Landes Niederösterreich war kriegszerstört, wobei das Weinviertel am schlimmsten betroffen war. 58 % des Hausbestandes waren verwüstet.

In diesem furchtbaren Jahr kamen in Altlichtenwarth 309 Personen um.

Eine Liste der "Verstorbenen und Erschlagenen bei der Verfolgung durch Schweden und Ungarn bzw. Anhänger des Georg Rakoczy 1645 und 1646" hat sich in der Pfarrmatrik erhalten.

Unter den 309 Toten befanden sich 172 Kinder und Jugendliche.

Der Ungar Georg I. Rakoczy war der kalvinistische Herrscher des Fürstentums Siebenbürgen.  

Er hatte sich mitden Schwedengegen die Kaiserlichen verbündet und zog Juli/August 1645 mit seinen Truppen durch das nordöstliche Weinviertel.

Auf seine Truppen bezieht sich wahrscheinlich die Sage vom "Blutbad am Kirchweihtag", die sich in Altlichtenwarth erhalten hat. Es wird berichtet, daß die Leute aus ihren Verstecken kamen und das Kirchweihfest feierten, nachdem die Soldaten mordend und sengend das Dorf verlassen hatten.

Doch der abziehende Feind hörte das Glockengeläute, kehrte zurück und richtete in der Kirche ein solches Gemetzel an, "daß das Blut in Strömen über die Kirchenschwelle rann".

Massive Entvölkerung, abgebrannte Häuser, verwüstete Felder und in der Folge Hunger waren die Bilanz des Krieges. Äcker und Weingärten blieben auf Jahre hin unbebaut. Mehr als zehn Jahre später noch mußte die auf Grund der fehlenden Einkünfte hoch verschuldete Pfarre um Steuernachlaß ansuchen.

 

1679 forderte eine Pestepidemie in Altlichtenwarth 134 Tote. Die Gemeinde stiftete eine Kapelle zu Ehren der Pestheiligen Sebastian, Rochus und Rosalia und gelobte, "den Tage des hl. Sebastian als Feiertag zu halten". Noch heute wird an diesem Tag eine Prozession zur Pestkapelle abgehalten.

 

Anfang des 18. Jahrhunderts ist Altlichtenwarth von den Kuruzzenunruhen betroffen. Die Kuruzzen waren ungarische Aufständische unter der Führung von Ferenc Rakoczi. Sie nannten sich "Kreuzfahrer", lateinisch "cruciati". Daraus entstand die Bezeichnung "Kuruzzen".

 

Nach den erfolgreichen Türkenkriegen konnte Ungarn zur Gänze wieder für das Habsburgerreich zurückgewonnen werden. Von Wien aus wurde allerdings in der Folge eine stark zentralistische Politik betrieben, die den ungarischen Adel zu heftigem Widerstand veranlaßte.

 

Von 1701 bis 1714 wurde der Spanische Erbfolgekrieg geführt. Die ungarischen Magnaten sahen die Chance gekommen, sich gegen Österreich zu erheben, unterstützt von Frankreich, das lebhaftes Interesse hatte, das Habsburgerreich zu schwächen.

 

Seit 1702 kam es im Weinviertel immer wieder zu Einfällen mit Plünderung und Brandschatzung.

Im Jahr 1706 erreichten die Unruhen ihren Höhepunkt.

Die Kuruzzen nahmen mit einer Truppe von 16.000 Mann die Stadt Zistersdorf ein und ermordeten 400 Personen. In Altlichtenwarth kamen in diesem Jahr 1706 bei einem Kuruzzeneinfall 77 Personen ums Leben. Das ist einer Liste zu entnehmen, die dem Sterbebuch beigelegt ist.

Die genaueren Umstände sind nicht bekannt. Bemerkenswert ist allerdings, daß die Liste bezeichnet ist als "Verzeichnis aller derjenigen, welche in Erdställen verblichen sind".

Erdställe sind unterirdische Fluchtgänge, die in den Lößboden gegraben wurden und vermutlich aus dem Mittelalter stammen. Sie wurden bis zum Zweiten Weltkrieg bei Feindgefahr verwendet. Erdställe sind im ganzen Weinviertel nachweisbar.

Aus den Franzosenkriegen erreicht uns aus dem Dorf keine Nachricht. Wie aber aus der Umgebung bekannt ist, darf mit Einquartierungen französischer Soldaten sowohl 1805 als auch 1809 gerechnet werden.

 

Furchtbar getroffen wurde Altlichtenwarth von den Choleraepidemien im 19. Jahrhundert.

Von 1831 bis 1866 wütete die Cholera viermal in Altlichtenwarth.

Der Höhopunkt war 1849. Mit 103 Todesopfern innerhalb eines Monats ist Altlichtenwarth der am schwersten betroffene Ort der Umgebung. Bei knapp 1.000 Einwohnern starben mehr als 10 % der Bevölkerung.

 

Der Krieg gegen die Preußen 1866 brachte zwar wieder einmal Masseneinquartierungen, doch die Preußen benahmen sich der Bevölkerung gegenüber, zu deren Uberraschung, sehr human.

Das größere Problem war das neuerliche Aufflackern der Cholera, die im Gefolge der Soldaten in der ganzen Umgebung wieder auftrat.

 

Die politischen Umwälzungen 1848 brachten auch für Altlichtenwarth die Auflhebung der Grundherrschaft. Die zwei wichtigsten Herrschaften waren der Fürst von Liechtenstein, der in unmittelbarer Nähe, in Feldsberg/ Valtice, seinen Hauptsitz hatte, und die Pfarrherrschaft Altlichtenwarth. Sowohl der Fürst Liechtenstein als auch die Pfarre gehören heute noch zu den größten Grundbesitzern im Dorf.

Josephinische Landesaufnahme 1763-1787_Altlichtenwarth

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